Freude und Schmerz: Die zwei großen Motivatoren für Entscheidungen

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Die Schönheit, ein Außenseiter zu sein

Es ist wieder soweit: die Champions League startet heute Abend in ihre 24. Saison. Meine Jungs von Juventus Turin spielen, unter nicht idealen Voraussetzungen, in Manchester und meine Gedanken sind sofort wieder beim Finale der letzten Saison. Emotionen, Erinnerungen und eine persönliche Bilanz.

6. Juni 2015: Champions League Finale Juventus Turin-FC Barcelona

Die Spannung steigt. Voller Vorfreude warte ich auf das Fußballspiel des Jahrzehnts, denn seit 2003 steht Juventus Turin zum ersten Mal wieder in einem Champions League Endspiel mit der Chance auf den Titel. Während ich auf den Anpfiff warte, sehe ich alle Finalspiele von Juve in einem Déjà-vu vor mir. Siebenmal stand der traditionsreiche Club im Finale, zweimal als Sieger, fünfmal als Verlierer. Ein Gefühlschaos zwischen Freude, Tränen, Jubel und Leiden.

Noch 3,5 Stunden bis zum Final Countdown

Die Historie der Finalspiele von Juventus Turin verbinde ich mit Erinnerungen und Emotionen aus meinem Leben – mit Kindheit, Job, Elternhaus, erster Liebe, mit Hoffnung und Enttäuschung. Jedes Fußballspiel des Vereins aus der piemontesischen Hauptstadt hat eine besondere Bedeutung für mich. Darum mein persönliches Resümee zu jedem Match.

Ready? Let´s go!

30. Mai 1973, Belgrad: Ajax Amsterdam-Juventus 1:0

Mit sieben Jahren durfte ich mit Erlaubnis meines Vaters im Schlafanzug die erste Halbzeit verfolgen. Der niederländische Johnny Rep schoss bereits in der 4. Minute ein Tor. Voller Verzweiflung schlich ich ins Bett und hoffte auf ein Wunder. Am nächsten Morgen fand ich einen Zettel meines Vaters mit dem Ergebnis: 1:0 für Ajax. Kein Pokal, kein Jubel.

Resümee: Das erste Mal vergisst Du nie

25. Mai 1983, Athen: HSV Hamburg-Juventus 1:0

Nach genau zehn Jahren kam es im Europapokalfinale der Landesmeister zu einer Begegnung mit dem HSV. Als 17-jähriger Schüler der Fachoberschule für Wirtschaft schaute ich mir das Endspiel mit Freunden und Klassenkameraden bei Cola und Fanta in der Taverne meiner Eltern an. Überall Juve-Gadgets, Schals, Trompeten, pure Begeisterung, Vorfreude. Alle waren fest davon überzeugt, dass Juventus den Sieg nach Hause holt. Wer sollte diese Top-Mannschaft mit Rossi und Tardelli stoppen? Doch Felix Magath schoss aus der Distanz…und traf. Endstand: Hamburg-Juventus 1:0. Wir konnten es nicht fassen, das Spiel war verloren.

Resümee: Nichts in dieser Welt ist sicher, außer dem Tod und den Steuern – Benjamin Franklin

29. Mai 1985, Bruxelles : Juventus-Liverpool 1:0

Dieses Fußballspiel fand zum Ende meiner Schulzeit kurz vor dem Abitur statt. Dieses Mal mieden wir die Taverne meiner Eltern, denn wir glaubten an ein schlechtes Omen. Eigentlich hatte ich Tickets für das Spiel und wollte mit dem Juventus-Club Portogruaro nach Bruxelles fahren, doch aufgrund familiärer Angelegenheiten verkaufte ich meine Eintrittkarte und blieb. Die Katastrophe im Brüsseler Heysel-Stadion ist bekannt. Die traurige Bilanz: 39 Tote. Damals siegte Juventus Turin mit 1:0 nach Elfmeter von Platini. Juve holt den Pokal, doch die Erinnerung an dieses Spiel erfüllt mich, wie so viele, mit Trauer.

Resümee: The Show must go on…

22. Mai 1996, Roma: Juventus-Ajax 5:3

Zum vierten Mal steht Juventus im Finale. Ich bin inzwischen 30 Jahre alt und mit einer Italienerin verheiratet. Leider scheiterte unsere Ehe – für uns beide ein großer Schmerz. Juventus gewinnt die Partie gegen die Niederländer mit 5:3 nach Elfmeterschießen und feiert seinen Triumph in der Champions League. Ich habe das Spiel damals mit Freunden in einem Restaurant gesehen, aber komischerweise kaum Erinnerungen daran. Wahrscheinlich, weil für mich gerade eine wichtige Lebensphase endete.

Resümee: Wenn eine Tür geschlossen wird, öffnen sich neue Pforten – Italienisches Sprichwort

28. Mai 1997, München: Borussia Dortmund-Juventus 3:1

Und wieder zieht Juventus Turin ins Finale ein. Gut versorgt mit Prosecco und italienischen Leckereien blickten wir im Restaurant PierAldo dem Finalspiel lässig entgegen. Doch das verlorene Finale gegen Hamburg spukte uns im Kopf herum. Was folgt, ist die sich selbst erfüllende Prophezeiung: Die Borussen spielten das Match ihres Lebens, der eingewechselte Lars Ricken schoss ein filmreifes Tor. Das Aus für Juve.

Resümee: Das Glück Deines Lebens hängt von der Beschaffenheit Deiner Gedanken ab – Marc Aurelius

20. Mai 1998, Amsterdam: Real Madrid-Juventus 1:0

Mittlerweile 32 Jahre und seit einem Monat in Deutschland zu Hause, verdiente ich als Kellner in einer Mainzer Eisdiele meine Brötchen. Ich besuchte einen Sprachkurs, um mein Deutsch aufzumöbeln. Warum? Lebst Du im Ausland und beherrscht die Sprache nicht, sinken die Chancen auf einen guten Job rapide. Ich wollte wieder als Kundenberater bei einer Bank arbeiten, also musste ich mich bewegen. Morgens in der Uni Deutsch pauken, abends die Gäste mit Gelato verwöhnen. Als das Tor für Real Madrid fiel und die Mannschaft den Pokal gewann, habe ich das erste Mal gespürt, wie sich ein Mensch in einem fremden Land fühlt. Viele der Gäste lachten mich aus und freuten sich über Juves Niederlage. Ich ließ mich nicht beirren und lachte herzlich mit.

Resümee: Ein guter Kopf und ein gutes Herz sind immer eine eindrucksvolle Kombination zu Erfolg – Nelson Mandela

28. Mai 2003, Manchester: Mailand-Juventus 3:2

Inzwischen lebte ich in dem beschaulichen Ort Saulheim, rund 15 Kilometer von Mainz entfernt. Mit 37 Jahren war ich zum zweiten Mal verheiratet und arbeitete bei der Mainzer Volksbank als Kundenberater. Das war die Zeit, in der ich über Veränderungen in meinem Leben nachdachte. Das Finalspiel mit 0:0 nach der regulären Spielzeit verdeutlichte den Spagat meines damaligen Lebens. Um den Sieger zu küren, kam es zum Elfmeterschießen. Mir ging es bei diesem Spiel nicht um den Sieg, sondern um die Erkenntnis, dass etwas geschehen muss, um die Dinge zu verändern. Als Sevchenko gegen Buffon das entscheidende Elfmetertor schoss, war auch für mich ein Kapitel meines Lebens abgeschlossen. Mir war sofort klar, dass ich nicht wie Buffon zusehen wollte, wie andere ihr Glück feierten.

Resümee: Ich bin der Meister meines Schicksals, ich bin der Kapitän meiner Seele – Invictus

Jetzt ist es 19:38 Uhr und in einer Stunde treffen Juve und Barcelona aufeinander. Dieses Mal geht Barcelona als Favorit aufs Feld, Juventus als Außenseiter. Ich schaue mir das Finalspiel zusammen mit meiner Familie an – Menschen, die sich gegenseitig vertrauen, respektieren und lieben.

Resümee: Lebe das Leben wie ein Außenseiter. Das Gefühl, das Unmögliche zu schaffen, kennt keine Grenze – Alberto Salomoni

Gnothi seauton!

Alberto

P.S. Wie jeder weißt, der FC Barcelona triumphierte. Die Katalanen haben Juve in einem hart umkämpften Champions League Finale mit 3:1 geschlagen. Doch der Leistung von Juventus Turin zollt die Fußballwelt größten Respekt.

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